Diskussion über Leid der Zwangsarbeiter im Steinbruch Buchenau

Die Regelschule und die Bürgerinitiative „Steinbruch Buchenau“ luden zur Filmvorführung des Defa-Streifens „Geheimakten Solvay“ und zur anschließenden Diskussionsrunde „70 Jahre Ende von Krieg und Zwangsarbeit – Auswirkungen im Werratal bei Creuzburg und Buchenau“.

Mihla. Die Zehntklässler der Regelschule „Thomas Müntzer“ Mihla, die sich nur unzulänglich vorbereiteten, werden zur gestrigen Englisch-Vorprüfung sicher mächtig „geschwommen“ sein, aber alle Prüflinge konnten ohne Vokabelkenntnisse im direkten Anschluss in die Geschichte des Ortes eintauchen – genauer gesagt, in einen Teil der Historie des Ortsteils Buchenau. Die Regelschule und die Bürgerinitiative „Steinbruch Buchenau“ luden für gestern Mittag zur Filmvorführung des Defa-Streifens „Geheimakten Solvay“ und zur anschließenden Diskussionsrunde „70 Jahre Ende von Krieg und Zwangsarbeit – Auswirkungen im Werratal bei Creuzburg und Buchenau“ in die vor einem Jahr feierlich übergebenen Schulturnhalle. Unter die Zuschauer der 10. Klasse mischten sich auch zahlreiche interessierte Einwohner.
Schulleiter Uwe Schwanz freut sich, dass die Bürgerinitiative sich um die Aufarbeitung der Geschichte des einstigen Soda-Werkes bemüht. Die Bürgerinitiative gründete sich 2008 mit dem Ziel, die Abbautätigkeit des Steinbruchs im Naturschutzgebiet „Klosterholz und Nordmannsteine“ zu beenden. „Wir haben die Geschichte des Werkes und seiner Zwangsarbeiter nach und nach entfalten können“, sagt BI-Mitglied Lutz Kromke (SPD), der doch ganz schön erstaunt darüber ist, wie hoch das Interesse der Jugendlichen an längst Vergangenem ist. Bevor der antiwestliche DDRPropagandafilm aus dem Jahre 1952 über die Leinwand flackerte, entführten die Zehntklässlerinnen Patricia Steitz und Angelina Kubald in ihrem Referat die insgesamt 80 Gäste in die Geschichte des Soda-Werkes. Im Vorfeld des Filmnachmittages interviewten die beiden jungen Damen Kurt Fischbach, den letzten Betriebsdirektor des Buchenauer Soda-Werkes. Ab 1947 seien Untersuchungshäftlinge aus Eisenach in Buchenau eingesetzt worden, um Steine in die Loren zu schippen. „Die Untersuchungshäftlinge waren alle hauptsächlich kluge Leute: Buchhalter, Lehrer, Angestellte, Intellektuelle , die aufgrund der Nähe zu den Nazis in Untersuchungshaft saßen, wie uns Herr Fischbach erzählte“, sagt Patricia Steitz. Durchschnittlich seien 18 bis 24 Häftlinge morgens mit dem Laster vom Knast in Eisenach zum Steinbruch gebracht worden. Kurt Fischbach, der auch nach der Filmvorführung Rede und Antwort stand, erzählte den beiden Mädchen beim Interview, dass viele der zu dieser Arbeit genötigten Untersuchungshäftlinge kaum zu gebrauchen waren, da die wenigsten jemals eine Schaufel in der Hand hatten.

v. l.: Schulleiter Uwe Schwanz, Heidrun Sachse (SPD Eisenach), Patricia Steitz, Lutz Kromke (SPD), Kurt Fischbach, Angelina Kubald
v. l., Schulleiter Uwe Schwanz, Heidrun Sachse (SPD Eisenach), Patricia Steitz, Lutz Kromke (SPD), Kurt Fischbach, Angelina Kubald

„Ich bin dankbar für die Arbeit der Bürgerinitiative, die sich intensiv mit der Geschichte des Steinbruchs Buchenau befasst und damit das furchtbare Kapitel der Zwangsarbeit in Thüringen beleuchtet und aufarbeitet“, gibt die Eisenacher Sozialdemokratin Heidrun Sachse zur Filmpräsentation die Worte ihrer Parteifreundin Iris Gleicke (SPD) wieder. Der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie schmerzt es sehr, dass sie dieser Veranstaltung krankheitsbedingt fern bleiben musste. Sie hatte die Aufführung des in Buchenau gedrehten Films ermöglicht. „Dass sich die Bürgerinitiative Ebenau/ Buchenau mit der unrühmlichen Geschichte der Zwangsarbeit beschäftigt, ist wichtig für die Aufarbeitung und Erinnerung der Geschichte in der Region“, heißt es in Gleickes Rede weiter.
Norman Meißner / 22.03.16 / TLZ

SPD Wartburgkreis
Maik Klotzbach

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