Gastbeitrag von Christian Gesang.
Erst vor kurzem kommentierte Ministerpräsident Horst Seehofer das Ergebnis der Neuverhandlung des Länderfinanzausgleichs für die Geberländer (u.a. Hessen und sein eigenes) als den wichtigsten Erfolg für Bayern in seiner Laufbahn.
Während er abfällig über Windkraft redet, die er nicht an den Almhängen als Windmühlen selbst produzieren sondern lieber von der Küste am anderen Ende Deutschlands importieren will, gibt es Diskussionen über die Tauglichkeit von Bergwerksstollen in Thüringen als Endlager auch für bayrischen Atommüll.
Vor wenigen Tagen war in den Zeitungen zu lesen, dass Thüringen zu den Bundesländern mit den höchsten Energiekosten für die Verbraucher zählt … und dabei immer noch bei den Durchschnittsgehältern hinter allen alten Bundesländern liegt.
Die Suedlink-Stromtrasse soll die Windenergie direkt nach Süden durchleiten. Eine Autobahn ohne Abfahrt, denn der Gleichstrom funktioniert wie eine beidseitige Einbahnstraße ohne Zwischenstopp. Keine Regionalbahn, sondern ICE.
Thüringen ist nur Transferland, profitiert aber nicht einmal von Durchleitungskonzessionen.
Wir sollen abermals Flaschenhals spielen, wo wir im Altenburger Land unsere Schuldigkeit mit einer anderen Starkstromtrasse für die Energiewende bereits erfüllt haben.
Ist es nur ein ostdeutsches Gefühl des steten benachteiligt Seins? Die Letzten, die wieder von den Hunden gebissen werden, nachdem Hessen sich auf die Hinterbeine stellte? Im Zweifel immer gegen uns? Sind es dieselben Entscheidungsträger, die hier in kürzester Zeit freie Bahn für den Suedlink bis 2025 schaffen wollen, die Verkehrsprojekte wegen jedem Steinchen gern verzögern und in der Planung immer wieder von vorn beginnen?
Man darf wohl kaum davon ausgehen, dass an dieses von der Bundespolitik gewollte Projekt dieselben Maßstäbe angelegt werden wie für Verkehrsprojekte, auf die Bürgerinnen und Bürger im Wartburgkreis seit über 20 Jahren warten müssen.
Solche Eindrücke sind gefährlich und es ist ignorant von der Bundespolitik, mit der Mentalität der Menschen in dieser Region so umzugehen, die vom Wegzug der jungen Generation in (westdeutsche) Städte stark betroffen ist. Das Thema Suedlink hat das Potential, ganz Thüringen auf die Barrikaden zu bringen. Das hat auch ein Landrat Reinhard Krebs verstanden, der gern öffentlichkeitswirksam nach seinen Schnitzern beim Thema Landestheater Pluspunkte sammeln will.
Neben allen üblichen und automatischen Reaktionen, die bei solchen Themen auftreten und an das Sankt-Florians-Prinzip erinnern, neben allen berechtigten Fragen wie Sicherheit, Notwendigkeit, Abwägung, Beteiligung und fachlicher Kompetenz darf und muss auch eigennützig die Frage gestellt werden: Was haben WIR denn davon?!
Süddeutschland bekommt seinen Ökostrom von der Küste, wenn zu Hause die Sonne nicht auf die Solarpanelen scheint. Norddeutschland umgekehrt seinen Solarstrom, wenn der Wind nicht bläst. Die Industrie in beiden Regionen hat Versorgungssicherheit durch mehr Grundlast. Die Atomkraftwerke, von denen es in Thüringen kein einziges jemals gab, können schneller abgeschaltet werden. Die Förderung für erneuerbare Energien, die in Mitteldeutschland zentral produziert wurden oder werden, wurde hingegen schon lang zurückgefahren.
Die Energiekonzerne verdienen sich eine goldene Nase an den Leitungen, deren Kosten sie an die Verbraucher – auch aus Thüringen – weiterreichen. Denn sie sind wie Ölpipelines: auf Dauer eine Lizenz zum Geld drucken.
Ja: Wir als SPD-Wartburgkreis stehen zur Energiewende. Und wir sehen Erdverkabelung als eine Verbesserung im Vergleich zu Oberlandleitungen an. Wir erinnern uns auch daran, dass die Energiewende dezentrale Lösungen forderte und nicht so funktionieren kann, dass Lasten und Vorteile derart ungleich verteilt werden.
Aber solange es sich so verhält, dass für Thüringen und den Wartburgkreis nur Nachteile und keinerlei Vorteile zu erkennen sind – außer dem edlen Gedanken, sein selbstloses Opfer für die große und richtige Sache der Energiewende gebracht zu haben – solange gibt es nicht den geringsten Grund, warum unsere Region den Suedlink begrüßen sollte.
Wir plädieren deshalb als Kreisvorstand der SPD dafür, sich dem Protest der Landesregierung und der Landräte wie Peter Heimrich und Reinhard Krebs anzuschließen. Es bringt uns nichts, wenn wir wie abgerissene Bauernmilizen Guerilla-Taktik betreiben. Dies muss koordiniert und organisiert geschehen. Nur wenn Thüringen in dieser Frage genau so zusammensteht wie Hessen, dann wird dies die Entscheidungsträger in Berlin beeindrucken. Wer denkt, dass er uns wegen dem Streitthema Gebietsreform auf dem falschen Fuß erwischt, muss eines Besseren belehrt werden.
SPD Wartburgkreis
Christian Gesang