13. September 2015 Bad Salzungen, Rathenaupark
Wenn wir heute an diesem Mahnmal in der Kreisstadt Bad Salzungen stehen, gedenken wir des Schwurs ehemaliger KZ-Häftlinge, stellvertretend für die unzähligen Opfer der Kriege in der Vergangenheit. Dies darf jedoch nicht nur als Festhalten einer verpflichtenden Tradition verstanden werden. Menschliche Werte, wie gegenseitige Achtung, Toleranz und friedlichem Miteinander mussten damals einer Propaganda weichen, welche vor massenhaftem Töten von Menschen nicht zurückschreckte.
Noch heute überläuft uns ein kalter Schauer, wenn wir die Berichte von damals aber auch die derzeitigen Ereignisse hören oder sehen, zu welchen Schreckenstaten Menschen fähig sein können. Vielmehr muss durch dieses Gedenken das Bewusstsein gestärkt werden, dass Kriege und das Töten von Menschen das grausamste sind, was Menschen einander antun können. Dieses Bewusstsein zu stärken kann bereits in unserem engsten Raum beginnen,- in der Familie, unter Freunden, am Arbeitsplatz oder in dem Ort, wo wir leben.
Bei der Erziehung unserer Kinder können wir anfangen Zeichen gegen Gewalt und Hass zu setzen, in dem wir ihnen ein vernünftiges Miteinander vorleben. Wir sollten mit ihnen nicht nur sprechen über die Ereignisse, welche sich vor über 70 Jahren zugetragen haben sondern auch über die Verbrechen der Gegenwart, welche uns auf schrecklichste Weise durch die Medien täglich präsentiert werden und nicht nur unsere Kinder seelisch verfolgt. Versuchen wir daher das, was uns von unseren Müttern und Vätern an bitteren Erfahrungen und wertvollem Gedankengut gesagt und überliefert wurde zu bewahren. Wir brauchen dieses Bewusstsein, um die Gegenwart zu meistern, welche mit atemberaubender Geschwindigkeit wirtschaftliche, kulturelle aber auch soziale Werte verändert.
Die Ablehnung von Grausamkeit und Menschenverachtung, die Mahnung zu Frieden, Freiheit und Demokratie muss zur Einsicht erwachsen, dass aus dieser Einsicht Hoffnung für die Zukunft entstehen kann.
Weil wir nicht die Zukunft, sondern die Menschen der Zukunft und ihr Tun fürchten müssen, muss sich unsere Gesellschaft derer annehmen, welche ohne unsere Hilfe ihren Weg nicht schaffen. In Zeiten solcher eklatanten Veränderungen und sozialer Verwerfungen geraten immer mehr junge Menschen ohne sozialen Rückenhalt und Perspektive in Gefahr. Diese Menschen brauchen unseren Respekt und Hilfe, damit sie nicht zum Futter falscher Ideologien werden.
Wir dürfen bei Erscheinungen von Gewalt und Hass hierzulande nicht wegschauen, sondern müssen dagegen angehen.
Sehr geehrte Anwesende,
aus Anlass des Schwurs ehemaliger KZ Häftlinge sind wir heute versammelt um der Toten einer Schreckensherrschaft zu gedenken . Wir verneigen uns vor den Opfern.
In unserer Zeit haben wir das Geschenk der Freiheit in besonderer Weise schätzen gelernt. Wir erfahren es 70 Jahre nach Beendigung des verheerenden Krieges heute noch allzu deutlich, in welches Elend die Unterdrückung und falsches Machtstreben führen kann, und erleben es in vielen Teilen der Erde.
Mahnmale wie dieses wovor wir stehen sind öffentliche Gedenkstätten zum Gedächtnis der Folgen von Krieg und Verfolgung. Zugleich sind sie heilsame Orte der Trauer und Klage sowie unverzichtbare Zeichen der Hoffnung auf Frieden, Versöhnung und ein aufrichtiges Miteinander.
Eine Kultur des Friedens aber wird ohne ein Gedächtnis des Leidens nicht gelingen. Veranstaltungen wie heute erwachsen aus dem Leben der Menschen für Menschen, die eine dauerhafte Erhaltung des Friedens in ihren Herzen tragen, sie sind das Werk des Verstandes und der Nächstenliebe.
Es ist das Versprechen einer Generation als Verpflichtung eines ganzen Volkes, der Erbschaft eines durch zwei Weltkriege geprägten Jahrhunderts sowie der Vertreibung und Flucht aus der Heimat zu gedenken.
Wir können Ihrem Andenken am ehesten gerecht werden, wenn wir in unserer täglichen Arbeit alle Kraft in den Dienst der Menschlichkeit stellen um damit das Vermächtnis der Toten zu erfüllen.
Jürgen Holland-Nell
SPD-Wartburgkreis